Sderot ist wenige Kilometer von der Grenze des Gazastreifens gelegen und ist durch die Sache mit den Kassam-Raketen, die nun schon über Jahre auf die kleine Stadt niederprasseln, in die Schlagzeilen gekommen. In der Stadt wurden Radargeräte installiert, die die 20.000 Einwohner vor einem Raketeneinschlag mit dem Alarm „zewa adom" (Farbe Rot) warnt. Dann hat jeder, egal wo er sich gerade befindet 15 Sekunden Zeit, sich irgendeinen Schutzraum zu suchen, um sich dort dann auf den Boden zu kauern, wenn der Raum nicht im Keller ist. Da bei dem warmen Klima sich die meisten Menschen draußen aufhalten, müssen alle, auch die Schüler und die Kindergartenkinder um ihr Leben rennen, wenn sie die Stimme zusammen mit der durchdringenden Sirene aus den Lautsprechern schallen hören.
Die Raketenüberreste liegen in hohen Haufen aufgestapelt, und es wurde darauf notiert, wer seine makaberen Grüße geschickt hat: Al Aqsa Brigaden, Islamic Jihad oder Hamas. Jede Terrorgruppe hat seine eigne Marke. Seit dem Waffenstillstandsabkommen im November letzten Jahres sind im Durchschnitt 3 Raketen pro Tag in Richtung Sderot abgefeuert worden.
Wenn sie durch die Luft sausen, werden nur wir, die wir nicht dort leben, an Silvester erinnert. Bei den Bewohnern Sderots jedoch bricht blanker Horror aus, wenn sie das laute Zischen hören, und schon der Alarm "zewa adom" löst Panik und Schockzustände aus. Die Kinder machen sich in die Hose und auch größere Kinder können nachts nicht mehr alleine schlafen. Da die Schulen und öffentlichen Gebäude keine Schutzbunker haben, haben viele Kinder und deren Eltern Angst bei den ganz alltäglichen Dingen und ihr normales Leben ist völlig aus der Bahn geraten. Es ist ihre Heimatstadt, aber sie fühlen sich alle darin nicht mehr sicher.
Selbst in Israel werden die Nachrichten über Sderot immer beiläufiger und man überhört den immer gleichlautenden Satz schon fast: „In Sderot sind heute soundsoviele Kassamraketen eingeschlagen, niemand wurde verletzt.“ Dies verstärkt bei den Bewohnern das Gefühl, allein gelassen zu werden und entsetzlich hilflos zu sein. Es lässt sich nicht erklären, was die Bewohner durchmachen, weder in Berichten noch in Bildern. Die neu entstandenen Webseiten im Internet und Dokumentationen wollen jedoch versuchen, den Außenstehenden die menschliche Tragödie hinter den Schlagzeilen etwas nahe zu bringen. Die permanente Angst in den Leuten aber, die dort leben, bleibt verborgen.
In einem neuen Projekt haben sich Jugendliche in Sderot zu einer Musikgruppe namens: „Sderock“ zusammengefunden, um ihre Angst und Frustration in Liedern auszudrücken. Die Lieder enthalten Worte, wie: „ Bitte höre unsere Gebete“, „Alarm, Alarm, wann wird das ein Ende haben“, „Ich glaube, dass meine Stimme im Himmel gehört wird“, u.a. Zum Teil sind es Jugendliche aus unterpreviligierten Schichten, die ihre Traumatisierung mit der Musik überwinden wollen.
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