21.7.07

Der Zauber ist verflogen - Nasrallah

Am 12. Juli letzten Jahres gab der Hisbollah-Generalsekretär in arrogantem Ton die Entführung zweier israelischer Soldaten durch seine Organisation bekannt. Seitdem hat er ununterbrochen betont– vor jedem Mikrofon und vor jeder Kamera – wie er erneut das ‚zionistische Gebilde’ geschlagen und dort einen „göttlichen Sieg errungen habe, wo die arabischen Armeen zuvor wieder und wieder gescheitert waren. Was das Bild in den Medien angeht, schien Hassan Nasrallah die Oberhand im Krieg gehabt zu haben: Poster von ihm waren der Hit innerhalb der arabischen Welt, Straßen, Kinder und selbst Fruchtsorten wurden nach ihm benannt.

Aus dem Abstand von einem Jahr scheint es, dass, wenn sich etwas verändert hat im Libanon, Nasrallah selbst sich verändert hat. Seit das Ausmaß der israelischen Reaktion klar geworden war, zeigte er Zeichen von Bedrängnis. „Es handelt sich um eine amerikanisch-zionistische Verschwörung, die im Voraus für diesen Herbst geplant war – und nun nutzen sie Gelegenheit zur Aggression gegen uns“, erklärte er und bat in beinahe flehentlichem Ton: „Glaubt mir!“ Aber seine Glaubwürdigkeit - womöglich Nasrallahs wichtigste Waffe, die er sich auch durch mancherlei „Überraschungen“ während des Kriegs zu erhalten suchte – wurde immer brüchiger.

Seine Erklärungen gegenüber der shiitischen Bevölkerung, die einen schweren Preis zu entrichten hatte, waren widersprüchlich, teils bar jeder inneren Logik. Daher, und womöglich aus Versehen, gab er zu, einen Fehler begangen zu haben. In seinem ersten Interview nach dem Krieg erklärte er in entschuldigendem Ton: „Hätten wir geahnt, dass selbst eine nur einprozentige Chance bestehe, dass die Entführung zu einem Krieg führen würde, hätten wir sie nicht durchgeführt.“ Immer wieder hat er um Vergebung gebeten – die Shiiten, die Libanesen, selbst die Araber Haifas und eine zu Schaden gekommene Familie in Nazareth.

Nach dem Waffenstillstand richtete er seine Pfeile auf die Regierung Siniora, mit der Absicht, einen politischen Umsturz herbeizuführen. Die Massen seiner Aktivisten und Anhänger, die zu Tausenden auf den Riyad al Soth-Platz geschickt wurden bis die Regierung stürze (es heißt, manche Demonstranten hätten 20 Dollar pro Tag für den „Volksprotest“ erhalten), verließen die Zeltstadt allzu bald. Fuad Siniora wurde nur noch stärker und führt nun mit seiner Armee – die Nasrallah zuvor noch als unfähig zur Verteidigung des Libanon bezeichnet hatte - einen entschlossenen Krieg gegen die Terrormilizen der „Fatah-al-Islam“.

Nun setzt er auf einen anderen politischen Schachzug: die Etablierung einer Parallelregierung neben der Regierung Sinioras. Doch niemand zittert vor Angst. Im antisyrischen Lager sagt man ihm: Mein Herr, wir sind kein zweites Gaza; eine zweite Regierung wird es hier nicht geben. Und was ist mit dem Wiederaufbau, den er den Einwohnern des Südlibanons zugesichert hat? Die Terrororganisation hat eine verbittere und zornige Shiiten-Bevölkerung zurückgelassen, die schwer zu besänftigen sein wird. Viele sind in Elendsviertel Beiruts oder andere Orte gezogen und blieben zurück ohne eine Spur ihrer Häuser, ihrer Felder oder der Kompensation, die man ihnen versprach.

Eine solche Reihe von Fehlern ist nicht dazu angetan, jemandem zu helfen, der seine Hörer bittet: „Glaubt mir!“ und vielen ist klar (und wahrscheinlich auch ihm selbst), dass dieser charismatische Mann nicht unbedingt gut darin ist, Israels Schritte vorherzusehen oder die Zeichen in seinem eigenen Land zu lesen. In der nächsten Zeit wird er sicherlich Reden halten und die Entwicklungen in Israel als Zeichen seines Sieges darstellen. Doch ist der Mann, der als ‚Wunderkind’ des Nahen Ostens betrachtet wurde und alle Führer der Region blass aussehen ließ, ein Jahr nach dem Krieg kaum noch in der Öffentlichkeit zu sehen. Er rüstet zwar in schnellem Tempo wieder auf und wird womöglich einen erneuten Krieg vom Zaun brechen. Doch lässt sich von ihm eines sagen, was auch schon von anderem vor ihm gesagt wurde: Der Zauber ist verflogen.

aus Yedioth Ahronot, von Roee Nahmias
Botschaft des Staates Israel, Berlin

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