27.8.10

Warum drohen, wenn man miteinander reden kann.

Zufall oder kein Zufall – auch der Camp-David-Gipfel, der das Friedensabkommen zwischen uns und Ägypten hervorbrachte, fand in einem September statt (1978). Ziel war damals, über den Kern des Konflikts zwischen uns und Ägypten zu beraten und ein Rahmenabkommen für einen Friedensvertrag zu entwerfen.

Menachem Begin erschien bewaffnet mit einem Papier, auf dem 13 Ausdrücke standen, die auf keinen Fall Eingang in das Friedensabkommen finden dürften. Sie bezogen sich sämtlich auf die Palästinenser und beinhalteten u.a. „die legitimen Rechte des palästinensischen Volkes“, „das Problem in all seinen Aspekten“, „die Nicht-Akzeptierbarkeit gewaltsamer Landnahme“ usw.


Nach 13 Verhandlungstagen willigte Begin in die Aufnahme all der ‚verbotenen‘ Begriffe in den Vertrag ein. Die Mitarbeiter des Weißen Hauses unter der Führung Jimmy Carters präsentierten 23 verschiedenen Entwürfe für die Rahmenabkommen; in einem von ihnen waren all die ‚verbotenen‘ Begriffe verbal effektvoll verteilt. Sadat selbst zog seine Forderung nach der Errichtung eines palästinensischen Staates zurück, und das palästinensische Problem wurde unter den Teppich gekehrt.

Seitdem ist viel Wasser durch den Jordan geflossen und viel Blut vor und nach den Osloer Verträgen vergossen worden, die Arafat mit einem Cadillac-Konvoi voll von Waffen und Munition nach Gaza brachten. Der Traum vom Frieden zwischen beiden Völkern wurde zu einer Wirklichkeit von Blut, Hass, Tränen und Versäumnissen. Auch die Gesprächsversuche unter amerikanischer Vermittlung und direkt durch das israelische Friedenslager haben uns nicht aus der Wirklichkeit des Blutes und des Hasses herausgeführt.

Die Palästinenser haben die Gelegenheiten der Räumung von Gush Katif und von Sharons Abschied vom Traum von Großisrael verpasst. Sie haben die monatelangen direkten Gespräche mit Ehud Olmert und Tzipi Livni unter Schirmherrschaft der Bush-Administration nicht genutzt. Und vor allem haben sie den Besuch Obamas in Kairo und seine berühmte Ree über einen regionalen Frieden nicht genutzt und ebenso wenig die Bar-Ilan-Rede Netanyahus vom 14. Juni 2009, in der er erstmals zwei Staaten für zwei Völker als Ziel deklarierte.

Diese letztere Rede war von historischer Tragweite: Erstmals erkannte ein Führer der Rechten par excellence einen palästinensischen Staat an und zeigte sich implizit bereit, auf Gebiete und Siedlungen zu verzichten, um zu festen Grenzen zu gelangen. Doch die Palästinenser verhärteten ihre Haltung – ermutigt von der Tatsache, dass Präsident Obama den Mittelnamen Hussein trägt und ihre Forderungen unterstützt. Nach wie vor sind sie noch nicht einmal bereit, die Existenz Israels als jüdischer Staat anzuerkennen. Sie haben ihre Einstellung seit der UN-Resolution von 1947 schlicht und einfach nicht geändert.

Die enttäuschten Abgesandten Obamas und seine angedeuteten Drohungen gegenüber Israel haben die Palästinenser noch mehr verhärtet. Doch je näher die Kongresswahlen rücken, desto mehr versteht Obama, dass die Missachtung jüdisch-amerikanischer Macht ein Fehler war – sowohl da diese sein primärer Geldgeber bei den Wahlen war, als auch weil sie eine unterstützende Kraft für den Frieden sein könnten, wenn Obama in seiner Haltung Israel gegenüber ausgewogener wäre.

Die Tatsache, dass es Bibi gelungen ist, für zehn Monate ein Siedlungsbaumoratorium zu beschließen und dies pedantisch einzuhalten, beweist, dass er weiß, dass es für ihn kein drittes Comeback geben wird. Die Einladung nach Washington für den 2. September in Anwesenheit von Mubarak und Jordaniens König Abdallah wurde von George Mitchell als Neuanfang initiiert, welcher binnen eines Jahres zum Abschluss kommen soll, mit Verzichten auf beiden Seiten. Wie wurde Mitchell nach seinen enttäuschenden Besuchen in der Region zitiert? „In Irland hatten wir 700 traurige Verhandlungstage und nur einen Tag der Freude – den Tag der Unterzeichnung des Abkommens.“

Dieser Freudentag ist noch weit von uns entfernt. Aber es ist überaus wichtig, dass Bibi die Vertrauensbeziehungen mit der Administration stärkt. Erstens, muss er wie jemand erscheinen, der einen Erfolg des Gipfels wünscht und ggf. das Baumoratorium in den Gebieten verlängern würde; zweitens, muss er sich in einer Weise verhalten, die es der Administration unmöglich machen würde zu sagen, er hätte den Gipfel sabotiert.

Es wäre weise, wenn er auch gegenüber einem Abkommen mit Syrien sich offen zeigen würde, was den Interessen der Administration entspräche. Die beiden Tage des Gipfels sind gut vorbereitet worden, und es ist bedauerlich, dass die Palästinenser gemäß ihrer Tradition bereits zu drohen angefangen haben. Sowohl Abu Mazen [Mahmoud Abbas] als auch Saeb Erekat drohen, dass die Fortsetzung des Moratoriums eine unabdingbare Bedingung sei. Warum drohen, wenn man miteinander reden kann?


Bibi deutet in geschlossener Runde an, dass er überraschen werde, dass er bereit sei, über die Kernfragen und die Teilung des Landes zu verhandeln. Die Zeit ist gekommen, sich mit den wirklichen Problemen zu befassen, die Sadat und Begin unter den Teppich kehrten.

HaAretz v. 24.8.2010