21.2.08

Arme, arme Hamas

Der österreichische „Der Standard“ hat den Vize-Chef des Hamas Politbüros in Damaskus Musa Abu Marzook zu der momentanen Haltung der Hamas bezügl. einer Friedens-Einigung mit Israel befragt. Der Interviewer bekam folgende Aussagen von Marzook:

Unsere Position vor den palästinensischen Wahlen (im Januar 2006, Anm.) war, dass wir ganz Palästina ohne Beschränkung auf den Gazastreifen und das Westjordanland befreien müssen. Aber nachdem wir durch die Wahlen Teil des politischen Systems wurden, teilen wir mit den anderen Palästinenserfraktionen die Position, dass wir einen Staat im Gazastreifen, Westjordanland und Jerusalem errichten müssen und dann einen Waffenstillstand mit Israel schließen. Aber das bedeutet nicht, dass wir die anderen Ziele, wie die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge, vergessen haben.

Die Hamas bekommt die Anerkennung nicht von den USA und Europa, sondern von den Palästinensern. Wir suchen nicht jemanden, der uns als Repräsentant anerkennt, sondern fragen uns, wie man über eine Organisation, die bei den letzten Wahlen 62 Prozent der Stimmen bekommen hat, sagen kann, dass da nur Fanatiker drinsitzen. Und wieso der Westen die Menschen in Gaza, die ohne Medikamente und Nahrungsmittel leben und unter den israelischen Luftangriffen leiden, im Stich lässt.

Ein Beispiel: Ich habe hunderte Politiker aus Europa getroffen. Sie fragen mich immer nach Gilat Shalit. Ich habe jedoch nie eine Frage über die 1000 von Israel in den vergangenen zwei Jahren getöteten Palästinenser gehört. Israel denkt über einen Einmarsch in Gaza nach? Die Israelis werden den Gazastreifen nie wieder besetzen. Sie würden einen sehr hohen Preis dafür zahlen. Was wir wollen und worum wir die Fatah von Präsident Mahmud Abbas bitten, ist, eine Einheitsregierung mit uns zu bilden. Das ist der einzige Weg. Aber wir wissen, dass das nicht die Entscheidung von Abbas ist. Das ist die Entscheidung der USA und Israels: Und die sagen ihm, dass sie den Friedensprozess stoppen werden, wenn er mit uns spricht.

In Annapolis dachte Abbas, dass ihm die Verhandlungen mit den Israelis einige Früchte einbringen werden. Aber er hat gar nichts bekommen, außer Geld. Und die Palästinenser werden ihre Rechte niemals für Geld verkaufen. Es gibt keinen Weg, dass die Israelis Abbas das Westjordanland geben werden. Die Gespräche haben keine Zukunft. 2008 wird überhaupt nichts für die palästinensische Agenda passieren. US-Präsident George Bush war hier, hat viel versprochen und nichts gemacht. Die Israelis bauen die Mauer weiter und erniedrigen die Regierung von Abbas.

Auf die Frage des Interviewers: "Wird die Hamas weitere Anschläge gegen Israel durchführen?" sagte Marzook: "Ja, natürlich. Es ist das Recht der Palästinenser, sich selbst zu verteidigen. Wir können den Palästinensern nicht sagen: "Haltet still, während die Israelis euch töten. Ich kann nicht sagen, hört auf zu kämpfen. Sie können die Palästinenser auch nicht dafür beschuldigen, mit welchen Mitteln sie kämpfen. Wir haben eben keine Raketen, wie die Israelis."


(DER STANDARD, Printausgabe, 19.2.2008)

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