Geheimniskrämerei in der IDF, die Wandlung des Ehud Barak und was passiert, wenn Soldaten sich verkleiden
Lest den interessanten Report aus der FAZ.Net
Der israelische Ministerpräsident Olmert und Verteidigungsminister Barak mögen letztlich Rivalen um das Amt des Ministerpräsidenten bei den Wahlen sein, die spätestens 2009 stattfinden werden. Aber in diesen Tagen scheinen beide an einem Strang zu ziehen.
Barak, der beim Wahlkampf um den Vorsitz in der Arbeiterpartei ankündigte, er wolle Olmert so bald wie möglich stürzen, tut derzeit das Gegenteil. Er hält seinem Ministerpräsidenten mit zwei Operationen den Rücken frei, die an jene Zeit erinnern, in der er als Einzelkämpfer in Frauenkleidung in Beirut unterwegs war.
Da war zum einen in der vergangenen Woche der rätselhafte Abwurf von Munition oder Benzinbehältern aus israelischen Flugzeugen in Nordsyrien und im nahe gelegenen türkischen Grenzgebiet. Da die israelische Regierung beharrlich schweigt, wuchern die Spekulationen. Manche vermuten, Israel habe eine iranische Waffenlieferung vor der Küste getroffen. Andere sprechen von Schüssen auf eine syrisch-iranische Installation oder einer Aufklärungsmission über einer Nuklearanlage, die ursprünglich aus Nordkorea stamme und der Entwicklung von Atomwaffen dienen solle. Während sonst in Israel jedes Geheimnis innerhalb von Stunden zu Markte getragen wird, gibt es derzeit nur Gerüchte - und das Lob, das Olmert auf der vergangenen Kabinettssitzung seinen Generälen aussprach. Die Soldaten hätten über Erwarten mutig gehandelt, meinte Olmert.
Weiter aber sagte der Ministerpräsident nichts. Meinte er vielleicht nicht diese sonderbare „syrische Operation“, sondern den zweiten Vorfall? Am vergangenen Wochenende drangen als Hamas-Polizisten verkleidete israelische Spezialkräfte in die Mitte des südlichen Gazastreifens, ins Zentrum von Rafah vor. Sie stellten einem wichtigen Mitglied des bewaffneten Arms der Hamas einen Hinterhalt mit einem Wagen, der vermeintlich einen Motorschaden hatte, und einem „alten Mann“, dessen Eselskarren den Weg versperrte.
Der Islamist, der mit seiner Familie unterwegs war, wollte den „Motorschaden“ inspizieren. Doch sobald er ausgestiegen war, wurde er mit israelischen Waffen bedroht. Man stieß ihn in den Wagen zurück und seine Familie heraus, und das Auto raste zum ehemals „Internationalen Flughafen Jassir Arafat“, wo ein Hubschrauber wartete und den Entführten nach Israel ausflog.
Diese beiden militärischen Operationen haben eines gemeinsam: Sie sollen die Abschreckungskraft stärken, die Israels Führung seit dem Libanon-Krieg verloren zu haben glaubt. Das tiefe Eindringen in den syrischen Luftraum, die Landung von Munition mitten im syrischen Hoheitsgebiet soll den Syrern offenbar zeigen, dass sie verwundbar sind.
Dass nach syrischen Angaben die eigene Luftwaffe vorzeitig von dem Eindringen der israelischen Kampfjets erfahren und die israelischen Flugzeuge zum Abdrehen gezwungen haben will, bezeugt zwar die Gefährdung für die israelischen Piloten, ändert aber wenig an dem Eindruck.
So droht Syrien mit Gegenschlägen und hat beim UN-Sicherheitsrat Beschwerde eingelegt - doch zugleich hat sein UN-Botschafter gesagt, es sei nicht seine Aufgabe, eine Sitzung des Sicherheitsrates zu fordern. Offenbar sieht Syrien sich herausgefordert, Stärke zu markieren, hat aber kein Interesse an einer Eskalation des Konflikts mit Israel und dämpft die Aufregung eher.
Mit der Entführung des Islamisten aus dem Gazastreifen richtet Israel eine ähnliche Botschaft an die Hamas. Die islamistische Gruppe baut nach dem Vorbild der Hizbullah im Südlibanon im Gazastreifen eine eigene Armee auf. Täglich werden über die Schmuggeltunnel aus Ägypten Waffen, Raketen und Munition in den von Armut gebeutelten Streifen gebracht.
Die „Gaza Division“ bereitet sich auf eine Schlacht mit Israel vor und kann doch zugleich damit rechnen, dass die israelische Armee - wie seit Jahren - Operationen in dem dicht bevölkerten Gebiet scheut, zumal jetzt die Aufklärung nicht mehr so gut ist wie in der Zeit, in der Israel den Gazastreifen besetzt hielt. Die israelischen Streitkräfte können schlecht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterscheiden und stehen zugleich unter dem Druck der eigenen Öffentlichkeit, die bei jedem toten Soldaten protestieren würde.
Der entführte Islamist aus Gaza könnte die Israelis auf die Spur des vor 16 Monaten entführten israelischen Soldaten führen. Doch vor allem hat Verteidigungsminister Barak mit diesen beiden Operationen nur wenige Monate nach seiner Amtsübernahme bewiesen, dass Abschreckung nicht nur durch eine groß angelegte militärische Operation angestrebt werden kann.
Der Verteidigungsminister, der während seiner Amtszeit als Ministerpräsident stets redelustig war, gibt sich heute mundfaul. Er reist von Division zu Division und baut eine Autorität auf, die die durch den Libanon-Krieg so angeschlagene Armee bald wieder in einem neuen Licht erscheinen lassen wird.
Das Bündnis mit Olmert ist freilich von taktischer Kürze. Schon neulich machte Barak deutlich, dass er sich letztlich von Olmert absetzen wird. In den nächsten fünf Jahren könne man die meisten Kontrollpunkte im Westjordanland nicht abräumen. Es müsse zuerst ein wirksamer Schutz gegen den Terror errichtet werden; auch ein Schirm gegen mögliche Kassem-Raketen, die heute aus dem Gazastreifen, aber morgen auch aus dem Westjordanland auf Israel abgeschossen werden könnten. Baraks politische Zukunft ist nicht mit dem Ausgleichsprozess verbunden.
Olmert hingegen - angeschlagen durch den Libanon-Krieg und durch Korruptionsvorwürfe - bleibt nur die Suche nach einer gemeinsamen Basis mit der palästinensischen Autonomiebehörde, um seinen Platz an der Spitze der Regierung zu rechtfertigen.
FAZ.net (13.09.07)
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