14.5.14

Stimmung vor Papstbesuch heizt sich auf


Die Vorbereitungen zum Besuch des Papstes im Heiligen Land laufen auf Hochtouren. Gleichzeitig erhitzen sich die Gemüter auf allen Seiten.  

von Ulrich W. Sahm, 12. Mai 2014
 
Der lateinische Patriarch in Jerusalem, Fouad Twal, befürchtet, dass „Hassverbrechen“, darunter Todesdrohungen und diffamierende Graffiti an kirchlichen Gebäuden die Atmosphäre vor dem Papstbesuch am 25. Mai „vergiften“ könnten. Bestürzt über die „Zeichen der Intoleranz“ verlangt Twal von den israelischen Behörden, diese Vandalen zu stoppen und hart zu bestrafen. „Wer steckt hinter dieser Gewalt. Sind die Attacken das Werk isolierter Individuen? Wer hat ihnen derart schlechtes Benehmen beigebracht? Wie kann es sein, dass die Täter nicht geschnappt werden?“, fragte der Patriarch.

Mutmaßlich stecken radikale Siedler aus dem Westjordanland und Extremisten aus Israel hinter den Schmierereien. Autoreifen werden zerschlissen und Davidsterne auf die Autotüren gesprüht. In Jerusalem wurden Geistliche bespuckt und tätlich angegriffen. „Ich gehe nur noch selten in Kutte auf die Straße“, gestand ein Dominikaner.


Israelische Politiker verurteilen regelmäßig diese „abscheulichen“ Hassverbrechen und fordern von der Polizei ein schnelles Durchgreifen. Das versprach auch der Minister für innere Sicherheit, Yitzhak Aharonovitch, während einer Visite in Umm el-Fahm, Yokneam und Furadis, arabischen Ortschaften mitten in Israel, wo Moscheen beschmiert und Autoreifen arabischer Unternehmer zerstochen worden sind. Es hat Verhaftungen gegeben. Aber den Behörden sind die Hände gebunden, selbst wenn Polizisten wie in Jokneam einen mutmaßlichen Täter auf frischer Tat bei Zerstechen von Autoreifen erwischen. Die Polizei tut sich schwer, gerichtsfeste Beweise beizubringen, während die Richter nur leichte Strafen wegen “Sachbeschädigung” verhängen können. Initiativen von Abgeordneten, diese Graffiti-Attacken als “Terroranschläge” zu definieren, hatten noch keinen Erfolg.

Jüdische Kreise im In- und Ausland werfen Abramowitsch vor, lediglich Hassattacken auf christliche oder muslimische Einrichtungen zu besuchen und zu verurteilen, ähnliche Verunglimpfungen jüdischer oder israelischer Stätten zu ignorieren. So wurden Gedenkstätten für gefallene israelische Soldaten beschädigt, über 50 israelische Flaggen in Jaffo und in Jerusalem am Unabhängigkeitstag mit roter Farbe besprüht. In Hadera, Lod, Beer Schewa und Saffed wurden Hakenkreuze und antisemitische Zeichnungen an Häuserwänden gefunden. In diesen Fällen stehen muslimische Palästinenser unter dringendem Tatverdacht. Ein Sprecher des Ministers, Yaron Zamir, behauptete, dass sein Minister die Hälfte seiner Zeit der Aufklärung antisemitischer Hassverbrechen von Arabern widme. 

Schlagzeilen machte der israelische Schriftsteller Amos Oz. Der bezeichnete die die Hassverbrecher als „Hebräische Neo-Nazis“. Das hat ihm schon eine Klage der Siedlervereinigung wegen Verunglimpfung und Hetze eingetragen, mit der Absicht, Oz „ins Gefängnis zu stecken“.

Während in Israel und internationalen Medien vor allem Hassverbrechen jüdischer Extremisten höchste Aufmerksamkeit erhalten, gibt es kaum beachtete Vorfälle auch in den palästinensischen Gebieten. Hochrangige Kirchenvertreter hätten gemäß einem Bericht von „Camera“ erklärt, dass die Zusammenstöße „vorbei“ seien und dass jetzt alles „fein“ sei. In Bethlehem, wo die radikale Hamas-Bewegung über eine Mehrheit im Stadtrat verfügt und wo nur noch wenige Christen leben, werden antichristliche Ausschreitungen verschwiegen und unter den Teppich gekehrt. 

Das hatte Christy Anastas, eine junge Frau aus Bethlehem, bei gefilmten Auftritten in Schweden und London eindrücklich beschrieben. Die Studentin erhielt Todesdrohungen und ihre in Bethlehem lebende Familie hat sich von ihr distanziert, nachdem sie als „Verräterin“ abgestempelt worden ist. 

Auch der Konflikt um den griechisch-orthodoxen Priester George Nadaf aus Nazareth eskaliert. Der hatte angesichts der Christenverfolgungen in arabischen Ländern behauptet, dass die arabischen Christen keine „Araber“ sondern „Aramäer“ seien, also die Nachfahren der Juden. Junge arabische Christen rief er auf, sich freiwillig zum Militärdienst bei der israelischen Armee zu melden. Die Aufregung bei Moslems wie bei palästinensischen Christen war groß. 

Ein Sprecher des griechischen Patriarchats ließ über die französische Nachrichtenagentur afp verbreiten, dass Nadaf seines Amtes enthoben worden sei. Doch möglicherweise war diese Meldung nur Teil der Kampagne gegen den Priester. Denn gemäß den Statuten hätte einen solchen Schritt allein der Patriarch bei einem persönlichen Treffen aussprechen können. Nadaf behauptet, keine Einladung nach Jerusalem erhalten zu haben. Derweil hat Shadi Khalloul, ein Mitstreiter von Nadaf, um Hilfe gerufen, nachdem beide Todesdrohungen erhalten hätten. 

Auf Facebook hat Sasha Antipus, eine arabische Frau aus Jerusalem, ein Plakat mit der Überschrift „Wanted“ (Gesucht) veröffentlicht. Unter dem Bild von Nadaf und Khalloul wird eine hohe Belohnung „in bar“ angekündigt. Darunter steht die Warnung: „Sie gelten als sehr gefährlich und sind bewaffnet.“

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