19.9.08

Reise nach Israel - Teil 4

Teil IV - Heimatgefühle

Beit Jala weckt noch immer Heimatgefühle in mir, denn acht Jahre meines Lebens verbrachte ich dort und zwei meiner Kinder sind dort geboren worden.

So ist es naheliegend, dass ich mir das Haus, das Beit Al Liqa (Haus der Begegnung) von Johnny Shahwan und seiner deutschen Frau Marlene genauer anschauen muss, das ca. 200 m entfernt unterhalb unseres Wohnhauses von damals am Hang gebaut wurde. Die Oase inmitten einer trockenen Landschaft sticht mit seinem grünen Rasen mit Spielplatz ins Auge und es ist für die Kinder und Jugendlichen aus der Umgebung auch in geistlicher Hinsicht eine Oase. Eine Kindertagesstätte für Kleinkinder ist täglich geöffnet und für die christliche Bevölkerung in der ganzen Provinz will das Beit Al Liqa ein Ort für Freizeit, Erholung, soziales Lernen, Gemeinsamkeit, geistlicher Stärkung und biblischer Lehre für die Kinder und Jugendlichen bei Freizeiten, Lobpreisabenden, Kindertagen und für die Erwachsenen bei Schulungen und Seminaren sein. Die vielen Räume in dem großen vierstöckigen Haus mit Küche und Cafeteria, großem Garten, Spielplatz, Sportplatz, einer Kapelle, einem Kiosk, Bastelkeller sind für alle diese Aktivitäten bestens eingerichtet.

Beit AlLiqa

Johnny erzählt mir, das es für die Kleinen viel bedeutet hier zu sein, die zu Hause viel Streit und grobem Umgang ausgesetzt sind, und die Jugendlichen lernen, dass Liebe und Vergebung der Schlüssel zu einem Leben in Frieden in einer nicht sehr friedvollen Welt sind. Es kommen auch Kinder aus moslemischen Familien hierher und der Effekt, dass die Moslems von der Liebe Jesu berührt werden, bleibt natürlich nicht aus. Für Marlene ist Beit Jala ganz zu ihrem zu Hause geworden (was ich ganz und gar nachvollziehen kann!), sie spricht die Landessprache fließend und geht ihrer Aufgabe, das Zentrum an der Seite ihres Mannes zu leiten, mit Eifer und Leidenschaft nach.

Meine Verwandten finde ich so wie immer vor; in ihrer Welt hat sich nicht viel geändert, aber ich erfahre dennoch Neues. Meine jüngste Schwägerin hat ihr Diplom an der Bethlehem Universität gemacht und sucht jetzt nach einer Arbeitsstelle, was nicht ganz einfach ist, denn sie möchte nicht in einer von Moslems betriebenen Firma oder Institution arbeiten, wo sie, wie sie sagt, keine anständige Behandlung erwarten wird, aber sie will auch nicht einfach das Land verlassen, wie viele andere junge Christen, die ihre Zukunft hier nicht mehr sehen. Meine andere Schwägerin hat einen Moslem geheiratet und ist zum Islam übergetreten. Sie trägt den „Stoffkäfig“ aus Überzeugung und stört sich nicht daran, die zweite Frau zu sein. Leider hatte ich kaum Gelegenheit, sie zu ihren Beweggründen auszufragen, aber das Leben ist für sie so denkbar einfach, solange sie die Regeln dieser Gesellschaft einhält. Ihr Mann ist vermögend und einflussreich genug, so dass sie ausgesorgt hat.

Meine Schwiegermutter hat mich sehr überrascht und berührt. Sie erzählt mir, dass sie jeden Morgen ein christliches Progamm in Fernsehen anschaut, in dem Lobpreis, Bibellehre und Anleitung zum Gebet vermittelt werden, und zu meinem weiteren Erstaunen sehe ich Joyce Meyer auf dem Bildschirm arabisch synchronisiert predigen. Meine Schwiegermutter hört ihr aufmerksam zu und blättert dabei in einem Heftchen, das ihre wichtigen Gebete und Bibelverse enthält, während ihre Bibel aufgeschlagen auf dem Tisch liegt. Sie erzählt mir auch, dass sie sich Sorgen um ihre Kinder und Enkel macht und jeden Tag für sie betet und Gott dankt, dass er sie in dieser unruhigen Zeit bewahrt.

Mit Beschämung erkenne ich, dass ich ihr all die Jahre keinen wirklichen Glauben an Jesus zugestanden hatte, weil sie eben, wie alle, die fest verwurzelt im System der dort etablierten traditionellen Kirche sind, all das Beiwerk, wie Heiligen-Anbetung, Kerzen anzünden, Rosenkranz, Reliquienverehrung und viele seltsame kleine Hilfsmittel für wichtig erachtet und ich nicht verstehen konnte, was das alles mit einem echten Glauben an Jesus zu tun haben sollte. Ich sehe nun das Gott ein sehr viel weiteres Herz hat, als wir denken, und dass Er zu Menschen auf seine Weise spricht.

Von einer wundersamen Bewahrung der Familie vor 6 Jahren erzählt sie mir später, als nämlich vor sechs Jahren, als es auch in Beit Jala im nahegelegenen Aida Flüchtlingslager zu Gewaltausbrüchen zwischen Palästinenseren und israelischen Truppen kam, Gott ihr die Warnung schon vorher gab, bevor die Schüsse durch das Haus pfiffen. Diese hätten meinen Schwiegervater und meine Schwägerin sonst tödlich getroffen. Ich habe meine Schwiegermutter sehr lieb.
Beim Hinausfahren auf der Hebron-Road erwartet einen auf jeden Fall die Prozedur am Checkpoint, der jetzt wegen Rachels Grab, das genau auf der Verbindungsstraße Jerusalem-Bethlehem-Hebron liegt, verlegt wurde, und hier wirkt die 9 Meter hohe Mauer viel bedrohlicher. Die Prozedur ist für uns Ausländer und meine Verwandten aus Jerusalem einfach: Pass herzeigen, freundlich schauen, „thank you“ oder „shalom“ sagen, und nach vielleicht höchstens noch einem Blick in den Kofferraum - weiterfahren. Für alle anderen Bewohner hier, ebenso meiner Schwiegermutter und Schwägerin bedeutet es „hauwijeh“ (Personalausweis) und „tasrich“ (Genehmigung) dabei haben, dann lange, lange warten – an sonsten kein Durchkommen.

Solange ich mich in Bethlehem aufhalte, fühlte ich mich zwar nicht eingesperrt, aber ich erfahre ganz deutlich, was es für die Bewohner bedeutet, seien es nun radikale oder friedliebende Moslems oder Christen, nicht einfach zu einem Ausflug, oder zum Besuch von Verwandten, oder auch nur zum Einkaufen auf die andere Seite, nach Israel, fahren zu können. Denn am Checkpoint, wo die Araber die Demütigungen zu spüren bekommen, dass ihnen nur durch die Gnade der israelischen Behörden die Ausübung der freien Aufenthaltsbestimmung möglich ist, werden alle dafür bestraft, dass radikale moslemische Gruppen noch immer so verbissen gegen Israel kämpfen. Dass es die eigenen Verwandten oder Freunde sind, denen es auch so geht, bringt einen erst recht zum Nachdenken. Es ist schon was anderes, die Schutzmauer der Israelis ganz nah zu sehen, wie sie sich zwischen Gebäuden durchschlängelt und ganz deutlich zeigt, dass hier zwei Welten von einander getrennt werden. Des Abends in der Dunkelheit am Bethlehem-Jerusalem Durchgang vor der Mauer zu stehen, in die das riesige Stahltor eingelassen ist, und darauf zu warten, das die Grenzposten das Tor öffnen, um mich und meinen Sohn wieder „rauszulassen“, vermittelt ein wenig das Gefühl der Ohnmacht, der Frustration und der Wut, die bei allen Gesprächen mit Arabern in der Stimme mitschwingt, wenn sie über ihre Situation erzählen. Nur Menschen, die Jesus im Herzen haben und um seine Vergebung wissen, können befreit von diesen Gefühlen über den Konflikt reden. Deswegen ist mir auch bei meinem Besuch wieder neu so klar geworden, dass nur der Friedefürst selbst, den Menschen in diesem Dilemma Hoffnung geben kann. Dass nur Jesus den Frieden geben kann, der im Herzen anfängt und der letztendlich die einzige wirksame Friedensstrategie für dieses Land ist.

17.9.08

Reise nach Israel - Teil 3


Teil III - Begegnungen


Durch die Vermittlung von Brigitte Weghaus kann ich ein Treffen mit einer Frau haben, die Gott in die Wüste, in die älteste Stadt des Heiligen Landes gerufen hat. Karen Dunham
(USA) führt eine wichtige evangelistische Arbeit in Jericho durch und hat sich mit Gottes Beistand gegen mehrere Angriffe des Feindes, nicht nur geistlicher Art, sondern auch tätliche Anschläge auf ihr Leben durchgesetzt, um dort in der ziemlich abgekapselten, aber
friedlichen Stadt und in den Flüchtlingslagern den Arabern, vor allem den moslemischen Frauen, das Wort Gottes und die Liebe Jesu zu bringen. Hier, wo die Quelle Elisas (2. Könige 2) entspringt, wo das Land traditionell vielfältige und reichliche Frucht trägt, bringt auch Karens „Living Bread“ Kirche viel geistliche Frucht hervor. Regelmäßige Gottesdienste mit dem Co-Pastor Maron Raheb, Bibelarbeit, Englischunterricht, Evangelisation mit Voluntären und effektive praktische Hilfe erreichen die Bewohner und geben ihnen Hoffnung. Und so ist es denn nicht ungewöhnlich, reihenweise verschleierte Frauen ihrer Predigt lauschen zu sehen. Ihr neuestes von Gott gegebenes Projekt ist die Propheten Schule, die in einem alten, leerstehendem Gebäude direkt neben der Quelle, dass gerade komplett renoviert wird, nach Gottes Vision (2. Könige 2, 15) entstehen soll.

Meine Kamera hat die entstehende Arbeit und die Elisa-Quelle eingefangen, bevor Munir und ich uns auf die Höhen des nahegelegenen Djabbal Quarantal, der als der Berg der Versuchung gilt (siehe Matth. 4,1) begeben. Nein, nicht zu Fuß! Wo denkt ihr hin! Eine Seilbahn trägt uns nach oben und lässt uns schon noch einen kleinen Aufstieg zu Fuß bis zu dem Kloster übrig, das dort am Felsen zu kleben scheint. Rundblick auf Jericho und die dahinter liegenden Berge von Jordanien – atemberaubenend!

An einem anderen heißen Tag machen wir uns auf zu einem Ausflug ans Tote Meer. Wir stecken meine Schwiegermutter und meine Schwägerin Doris einfach in unseren Miet-Fiat und schleusen sie, ganz ohne Probleme, aus der Westbank bis an den Badestrand. Viele neue „beaches“ sind dort schön angelegt, damit man nach dem Bad in der salzigsten Lauge der Welt auch duschen kann. Wir suchen uns die Kalya-Beach, gleich am Nordrand des Meerbeckens, aus und verbringen einen wunderbaren Tag dort, faulenzen im Schatten, reden, trinken slush und rauchen ein „argile“.

Dass der weltberühmte Fußballer Lothar Matthäus zur Zeit den israelischen Verein Maccabi Netanya trainiert, wäre uns an diesem Tag nicht in den Sinn gekommen, wenn nicht mein Sohn, der Fußball-Experte, ihn mit seinen Adleraugen oben an der Verkaufstheke trotz der Sonnenbrille sofort erkannt hätte. Etwas genervt trotz Munirs freudiger Anrede lässt sich der prominente Mann zu einem Foto mit ihm herab, das nun mein stolzer Sohn zu Hause für viel Geld zu verkaufen versucht (!?).

Von Maron Raheb, den ich vorhin schon erwähnte, muss ich noch erzählen. Ihn konnte ich am letzten Tag vor der Christ Church am Jaffator kurz sprechen. Er lebt mit seiner deutschen Frau und drei Kindern in Jerusalem und hat, nachdem er sich vor Jahren in einem Drogenrehabilitationszentrum bekehrt hat, von Gott die Last auf sein Herz bekommen seinen palästinensischen Brüdern und Schwestern das erlösende Evangelium von Jesus Christus zu bringen. Denn nachdem er eine von Kämpfen, Drogen und Familienproblemen belastete Kindheit durchlebt hatt, hatte er sich die Frage gestellt, warum Gott die Palästinenser so leiden lässt und ob Er wohl Unterschiede macht bei den Menschen. Denn es ist natürlich auch für ihn nicht zu übersehen, das viele Israel-begeisterte Christen ins Land kommen und Trost und Ermutigung für die Israelis haben, die Palästinenser aber kaum beachten (oder gar generell als Feinde Israels betrachten). Ein Satz von ihn brachte mich zum Nachdenken: wir sollten uns doch nicht so viel mit den politischen Gegebenheiten und den Verhandlungen der Machthaber beschäftigen, denn Gott wird seinen Plan mit dem Verlauf der Geschichte ja auf jeden Fall ausführen, sondern den Menschen, denen wir begegnen, egal auf welcher Seite des Konflikts sie stehen, die Liebe unseres Herrn zeigen und verkündigen. Ich fürchte, ich werde seinen Rat beherzigen.

Ich verbringe fast die ganze letzte Woche in Beit Jala. Nach Bethlehem hinaus, bzw. hinein in die Autonomie Gebiete, kann man jetzt leichter kommen, indem man kurz vor Bethlehem rechts Richtung Gilo abbiegt und dann gleich wieder links durch das Tal zwischen Gilo rechts auf dem Hügel und Beit Jala links auf dem Hügel auf einer neu ausgebauten Landstraße fährt, die durch den Berg, einem neuen 800 m langen Tunnel führt. Den mehrspurigen Checkpoint umfährt man dann einfach und fährt sozusagen von hinten nach Beit Jala hinauf, und dann wieder hinunter nach Bethlehem. Einige Straßen in Beit Jala sind neu hinzugebaut worden, aber ich kenne mich noch recht gut aus hier. Bethlehem dagegen ist so groß geworden, dass ich mich verirrt hätte, hätten meine Verwandten mich nicht durch die Straßen navigiert.

16.9.08

Reise nach Israel - Teil 2


Teil II - Jerusalem

Auf der Highway 6 nach Süden geht es weiter und am Mittwoch abend treffen wir in Jerusalem ein. Am Straßenrand, den Berg zur Stadt hinauf, leuchtet ganz groß ein Schriftzug: 60 Jahre Israel. Da bin ich allerdings während der Fahrt mit der Kamera nicht schnell genug. Ein Kribbeln geht durch mich wenn ich diese Stadt erblicke. Und nun im Wirrw
arr der Straßen immer dem Zeichen „Old City“ folgen, denn wir werden bei einer Verwandten in der Altstadt, in der Nähe des Neuen Tores übernachten.


Ach, Jerusalem, wie sehr hat es sich verändert! Vieles wirkt so fremd auf mich und doch ist alles so vertraut, als wäre ich nur Tage weggewesen. Fast alle Straßen sind neu befestigt worden, viele Straßen dazugekommen, neue Gebäude, und dann die neue Brücke, die vom Spanier Calatrava entworfene 118 Meter hohe „Brigde of Strings“, die wie eine Harfe sich über die Ez Chaim Anhöhe bei der Central Bus Station neigt.

Hier in der goldenen Stadt steht auf dem Programm: „Yad Va Shem“ - Die Gedenkstätte ist 2005 erneuert und erweitert worden und das Areal ist so groß, dass man auch an einer anderen Stelle als dem eigentlichen Eingang anfangen kann, je nach dem wo man parkt. Das Museumsgebäude ist eigentlich ein prismenartiges Dreieick, wobei der größte Teil unter der Erde liegt und nur die Glasspitze zu sehen ist, was sehr schön plastisch darstellt, was gemeint ist, wenn wir von der Spitze des Eisberges reden, wenn wir von einer Tragik nur einen kleinen Teil erahnen. Wenn man sich Kopfhörer kauft, um sich an jeder Station in der eigenen Landesprache Erklärungen anzuhören, dann tut man gut daran, gleich am Anfang etwas schneller voranzukommen, ob wohl jede kleine Einheit für sich hochinteressant ist. Man merkt, nachdem man schon Stunden am Hören, Schauen und Weiterschreiten war, dass man erst etwas über die Hälfte der ganzen Gedenkausstellung geschafft hat. Besonders hat mich beeindruckt, was die Absicht von Yad va Shem (Erinnerung und Name) ist. Jedes einzelnenen Menschen, der im Holocaust umkam, soll gedacht werden, indem man versucht über jedes Schiksal zu recherchieren, bis alle Namen gefunden sind und jeder Person die Würde und die Erinnerung wiedergegeben werden kann. Und das ist genau das, wozu der Mensch nicht fähig ist, was aber Gott tut: er kennt jeden Menschen beim Namen und hat die Haare auf seinem Kopf gezählt. Das ist seine Liebe.


Der obligatorische Rundgang auf der Mauer der Altstadt vermittelt einen
klaren Überblick über die vier Bezirke innen, das armenische und jüdische Viertel, und nach Norden das christliche und moslemische Viertel, sowie einige Ansichten der Neustadt Jerusalems. Vor dem Jaffa-Tor, dem Startpunkt, sieht es jetzt sehr modern aus. Einen ziemlich großen Platz mit Bäumen und Sitzgelegenheiten sieht man gleich, wenn man aus dem Tor herauskommt und der führt auf breiten Stufen hinunter zu der Einkaufspassage, einem „Kanjion“, wie sie jetzt überall in Israel zum Shoppen und zum Bummeln einladen, die zum Teil neu, zum Teil die früheren Gebäude mit einbeziehend direkt in die Neutstadt führt. Die Einkaufspassage und die vielbefahrene Hativat Jerushalaijm liegen tiefer als die Spazierpromenade, die wie gehabt an der Mauer entlang führt.

Man sieht nur noch die mit Grün angelegten Terassen, die den Restaurants des Kanijon für ihre Außensitzpläte dienen. Die Hativat Jerushalaijm die am Jaffator abknickt, führt in einen Tunnel, der nach Norden, herum um das Neue Tor bis zum Damaskustor geht. Das ist jedoch nicht alles, was sich verändert hat. Wenn man sich wundert, warum viele Straßen einen aufgerissenen Mittelstreifen haben in dem gebaut wird (vor allem in der Jaffastraße), dann kriegt man die Erklärung in der Chaim Bar Lev Straße Richtung Beit Hannina im Norden. Dort werden bereits Schienen auf die Mittelstreifen verlegt, denn man höre und staune: eine Straßenbahn soll von Norden nach Süden durch ganz Jerusalem fahren. Mir ist bei meiner Stadtmauerwanderung aufgefallen, dass die Westseite der Stadt gepflegt aussieht, während die christlich/moslemische Hälfte, je weiter man läuft, umso schmutziger und unwegsamer wird. So ist auch der Stadtteil im Norden beim Damaskustor: verwitterte Wege und Straßen, auf denen Abfall liegt, dreckig, staubig, laut, voller hupender Autos und zu vieler Menschen. Am Ende, in der Nähe des Felsendoms, hört der Pfad auf der Mauer ganz plötzlich auf und man findet erst nach einigem Suchen den Abstieg von der hohen Mauer. Ich komme durch die Via Dolorosa, den Muristan Square und die David Street wieder bis zum Jaffator.

Es ist mit nichts zu vergeichen, durch diesen Basar zu gehen. Im christlichen Viertel nahe der griechisch-orthodoxen Ecke hat Johnny Ozgul seine Werkstatt, wo er Silberschmuck aus altem Besteck und allerlei Ketten mit biblischen Motiven anfertigt. Meine Empfehlung, wenn es mal um ein ausgefallenes Geschenk geht!


Tage später rufe ich Jürgen Bühler von der ICEJ (International Christian Embassy Jerusalem) an. Wir vereinbaren ein Treffen. Weil er, ein vielbeschäftigter Mann, nur wenig Zeit für mich hat, werde ich von seiner netten Sekretärin Brigitte Weghaus herumgeführt und lasse mir die Arbeit der Christlichen Botschaft erklären. Die Internationale Christliche Botschaft in Jerusalem ist seit 1980 dort tätig, um Christen aus aller Welt zu vertreten, die den Zionismus aus biblischer Sicht und Israel unterstützen und Messianischen Gemeinden im Land geistliche, tatkräftige und auch finanzielle Unterstützung zu geben. Ich lerne Judith Setz, eine Holländerin, kennen, die dort für die Sozialabteilung zuständig ist. Wir plaudern über die Schwierigkeiten der Botschaft sich in noch mehr Bereichen und Gebieten einzusetzten, da der arabisch-israelische Konflikt andere Voraussetzungen schafft und Hilfe und Unterstützung nicht überall möglich macht. Von Brigitte bekomme ich einige wichtige Kontakte, wie den zu Maron Raheb, Karen Dunham und die Gemeinden, bei denen ich bei nächster Gelegenheit den Gottesdienst besuchen will.
Die „King Of Kings“ Gemeinde veranstaltet ihre Gottesdienste im Untergeschoss des Binjian Klal, eines hohen Bürogebäudes in der Jaffastraße. Der Saal des alten Kinos ist ideal für den Lobpreis, denn in der
Mitte hängt die große Leinwand, auf die die Texte der Lieder erscheinen. So ist denn auch Lobpreis und Predigt von Pastor Wayne Hilsden sehr abgerundet.

Christ Church beim Jaffa Tor

Der dritte Gottesdienst, den in ich, auch ein Tipp von Brigitte, in der letzten Woche erlebe, findet ebenfalls in dem Hochhaus in der Jaffastr. statt; diesmal ganz oben im 14. Stock, von wo man eine herrliche Aussicht auf die Weststadt hat. Shimon Nahum, ein Jude, der sich bekehrt hat, nachdem er von seiner Drogensucht befreit worden war, leitet die „Kingdom Ministries Jerusalem“ mit großem Eifer und ansteckender Begeisterung. Die Faszination, seiner Predigt zuzuhören, wird dadurch noch gesteigert, dass er in zwei Sprachen predigt, indem er bei jedem Satz zwischen hebräisch und englisch hin und her springt, sich quasi selbst übersetzt. Da die kleine messianische Gemeinde jetzt nicht mehr in den Räumen im Binjian Klal bleiben kann, wird die Weiterentwicklung dieses Projekts eines unserer Gebetsanliegen sein.


15.9.08

Reise nach Israel - Teil I

Dieses Jahr zwischen 16. August und 6. September war ich mit meinem Sohn Munir drei Wochen in Israel. Hier ist mein Reisebericht in vier Teilen:

Teil I - Im Norden

Shabbat, Ankunft am schönen neuen Ben Gurion Airport am Nachmittag. Mit dem Mietauto nach Tel Aviv. Wenn wir bis jetzt noch der Meinung waren, an Verkehrsregeln hält man sich, dann entdecken wir jetzt, dass man auch ohne auskommen kann; so gewöhnen wir uns gezwungenermaßen an einen anderen Fahrstil – besser gesagt: Freistil. Wir finden das Gilgal, das Hotel von Jakob Damkani, aber keinen Parkplatz, um das Auto abzustellen. Nach langer „Herumkurverei“ wird uns klar: in der Innenstadt und nahe dem Strand in Tel Aviv kann man sein Auto nur auf bewachten Parkplätzen unterbringen, die allerdings kosten.

Das Hotel ist neu, modern eingegrichtet, mit dem nötigen Komfort und steht in der kurzen engen Nes Ziona Straße in ganz kurzer Entfernung zum Strand. Es ist ein hohes 6-stöckiges Gebäude, das zwischen anderen Hotels und Wohnhäusern in dieser Straße eingezwängt steht. Die Zimmer haben alle eine Nummer und einen biblischen Namen. Der Speisesaal und ein schöner Anbetungsraum, beide mit sehr schönen Gemälden mit biblischen Szenen an den Wänden, befinden sich in den Untergeschossen.

Jakob Damkani konnte ich predigen hören, als ich am Abend in eine nicht öffentliche Veranstaltung hineinplatzte. Er kam im Anschluss auf mich zu und wollte wissen, was ich hier zu suchen hätte. Meine stotternde Antwort gar nicht abwartend, fragte er nur noch: „Do you know the Lord?“ Als ich bejahte, hatte er keine weiteren Fragen und ließ mich sitzten. Die Gruppe, die sich hier traf, war die letzten zwei Tage für Jakobs „berühmte“ Evangelisations-Straßen-Einsätze hier und er war jetzt dadurch ganz in Anspruch genommen. So hatte ich leider keine Gelegenheit mehr, mit ihm zu sprechen. Morgendliche Lobpreis-Gottesdienste werden aber jeden Tag angeboten, den ich dann am Sonntag auch nicht verpasse.

Natürlich wird das Meer noch am Abend von uns getestet und stellt sich als wunderbar heraus, sehr erfrischend, ganz warm, die sprudelnden Wellen, sanfter Wind und salzige Luft runden das einmalige Erlebnis ab. Wie schön der Strand mit feinem weißen Sand ist, sehen wir am nächsten Tag noch besser. Weil der Strand breit angelegt ist, wirkt er trotz vieler Badegäste nie übervölkert. Und das Mittelmeer ist, wie bereits gesagt, ein Traum! Es gibt in Tel Aviv die kleinen Tante-Emma Läden genauso, wie den gigantischen Shopping Mall, die Trödelmärkte, wo man alles(!) kriegt genauso, wie exklusiven Fachgeschäfte und die Hochhäuser in der Innenstadt geben der Stadt den Flair einer westlichen Metropole –

das New York des Mittelmeers. Ich muss noch unbedingt in die Rothschild-Boulevard, denn dort steht ein vollkommen unscheinbares und hässliches Gebäude, in dem einstmals der Bürgermeister Dizengoff wohnte und das einen geschichtsträchtigen Raum beherbergt: der Raum der dem damaligen jüdischen Volksrat diente, um durch David Ben Gurion im Mai 1948 den Staat Israel auszurufen. Alles genauso, wie wir es von Bildern kennen: der blaue Vorhang mit den zwei Nationalflaggen rechts und links und dem Bild Herzls in der Mitte hinter dem Rednerpult. Natürlich konnte ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, meine Kamera diesen Anblick einmal echt einfangen zu lassen.

Unsere Rundreise geht weiter, indem wir nach Zfat (auch Safed genannt) fahren, um zwei Tage im “Safed Inn“ zu übernachten. Von dort aus machen wir eine Rundfahrt durch den Nordosten Israels, d.h. durch das wunderschöne Golangebirge vorbei an kleinen Moshav Siedlungen, Äpfel-Plantagen und Äpfelgärten überall, hier und dort ein atemberaubenendes Panorama. Gamla ist ein Naturreservat in dem man Adler und andere Raubvögel beobachten kann. Wir sind mittags dort, zahlen unseren Eintritt, nachdem wir ausführliche Anweisungen erhalten haben, was wir alles in dem Gebiet nicht machen dürfen. Von den drei Rundgängen, die angeboten werden – 10 Minuten, 1 ½ Stunden und 3 Stunden – entscheidet sich mein Sohn für den mittleren, nachdem er meinen Vorschlag für den Kurzen abgelehnt hat. Mit einer Flasche kalten Wassers, Mütze auf dem Kopf und einer sehr guten Sonnencreme auf der Haut, wandern wir los, um uns wie zwei Hähnchen im Ofen braten zu lassen. Die Schlucht kaum erreicht, versagt meine Kamera. Das ist nicht schlimm, denn die Vögel kriege ich sowieso nicht vor die Kamera. Der Wasserfall wirkt etwas mickrig, was ja kein Wunder ist, bei dem Wassermangel der zur Zeit in Israel herrscht. Was die Adler angeht, da herrscht Flugbetrieb wie auf einem Airport.

Die Landschaft ist, was man trotz gnadenloser Hitze wahrnehmen muss, sehr schön! In unserem Auto mit AC erholen wir uns von der Hitzebehandlung und legen meine neue auf dem Trödelmarkt in Tel Aviv erstandene CD mit hebräischer Musik ein – (Munir hat sich leider leider (;-)) keine CD's von zu Hause mitgebracht) und jetzt läuft Gad Elbaz bei uns im Auto rauf und runter. Am Schluss findet's Munir sogar gut. Wenn wir hungrig sind, bestelle ich Falafel und kaufe im Supermarkt auf hebräisch ein.... na, ja halbwegs, und kann wenigstens meinem Sohn ein wenig imponieren. Wir fahren bis an die nördlichsten Anhögen des Golan in eine Stadt voller verwinkelter, sehr steiler Straßen, wo die Häuser an die steilsten Hänge gebaut werden, nach Majdal Shams, eine Drusensiedlung. An einer Wegbiegung, dann heißt es: nur noch für offizielle Fahrzeuge; dort müssen nach Westen abbiegen. Trotz der Trockenheit ist hier viel Grün zu sehen, es gibt einige Quellen aus dem Gebirge hier und zudem sind wir im Quellgebiet des Jordans.

Noch in Zfat nehmen wir Kontakt mit Hermann Haustein auf und er hat, welch ein „Zufall“, gerade heute in Zfat zu tun. Also vereinbaren wir einen Treffpunkt und fahren hinter ihm her bis nach Afula. Zu seiner Wohnung hätten wir es ohnehin nicht ohne gute Beschreibung gefunden. Hermann wohnt in einem mehrstöckigem Wohnhaus mit einem kleinen Vorgarten in einer recht aufgeräumten Straße. Überhaupt ist Afula eine freundliche, saubere Stadt mit viel Grün.

Nachdem wir uns einiges über uns zum Kennenlernen erzählt haben, den jüngsten Sohn Johannes kennenlernen und Hanna berichtet, wie es der Gemeinde geht, die sich in den Räumen der Technischen Hochschule trifft und durch die Verbindung ein Zeugnis für viele Moslems sein kann, geht es zum Geschäft über. Die Seifenproduktion stagniert gerade, das eine neue Betriebstätte gesucht wird, damit die Arbeit wieder aufgenommen werden kann. Alle Arbeitsmaterialien und Seifen mussten in einer Wohnung vorrübergehend gelagert werden. Die Werkstätte in Ariel hatte noch eine stattliche Anzahl verschiedener Olivenöl-Seifen produziert, von denen mir und Munir je eine Kiste zum Mitnehmen nach Deutschland eingepackt wird. Alle Sorten riechen sehr gut: Olivenöl, Olivenöl mit Seetang, Olivenöl mit Zitronengrasesenz oder Lavendel, Olivenöl mit Totes Meer-Schlamm oder Seesalz u. v. a. Bei uns im Israel Gebetskreis könnt ihr die wunderbar riechenden Seifensorten alle erstehen. Vielleicht finden wir Möglichkeiten, den Vertrieb dieser handgemachten Seifen hier in Deutschland anlaufen zu lassen, und können damit Hermann und seine geistliche Arbeit in Israel unterstützen.