Christen spielen in der islamischen Welt eine immer
geringere Rolle. Das gilt besonders für die Palästinensergebiete.
Während sie im Gaza-Streifen starker Islamisierung durch die herrschende
radikal-islamische Hamas ausgesetzt sind, leben sie freilich im Raum
Bethlehem, dem Geburtsort Jesu Christi, noch in einer „brüchigen“
Koexistenz mit der islamischen Umgebung.
Das berichtet der
Politikwissenschaftler Prof. Heinz Theisen (Köln) in der Zeitschrift
„Christ in der Gegenwart“ (Freiburg). Besonders schwer haben es nach
seinen Angaben die zahlreicher werdenden Evangelikalen im Heiligen Land.
Nicht nur ehemalige Muslime, die den christlichen Glauben angenommen
haben, würden mit dem Tode bedroht, sondern auch ihre Missionare.
Theisen: „Während die traditionellen Kirchen eine Art Bestandsschutz
genießen, können die Evangelikalen darauf nicht vertrauen." Einer ihrer
Pastoren im Raum Bethlehem erhalte ständig Morddrohungen.
Bevölkerungsanteil der Christen sinkt drastisch
Der Anteil der Christen unter den Palästinensern ist laut Theisen
drastisch gesunken. Um 1900 seien noch etwa 30 Prozent der Palästinenser
Christen gewesen. Heute stellten sie nur weniger als 1,4 Prozent der
Bevölkerung. Im früher christlich geprägten Bethlehem sei ihr Anteil von
80 Prozent auf 28,2 Prozent gesunken und im gesamten Distrikt
einschließlich der Flüchtlingslager auf 12,7 Prozent. Diese Zahlen
erklärten sich nicht einfach aus der israelischen Besatzung. Vielmehr
müsse man sie im Rahmen des Auszugs der Christen aus dem gesamten Nahen
Osten sehen.
Belohnung: Toleranz und Respekt
In Bethlehem spiegele sich die Vielfalt des Christentums. Dazu
gehörten orientalisch orthodoxe Kirchen, katholische Kirchen des Ostens
sowie evangelische Kirchen und freikirchliche Vereinigungen. Sie lebten
trotz einer „oft mangelnden Solidarität“ nebeneinander.
Auch für das
Zusammenleben mit Muslimen gebe es Spielregeln. Dabei spiele Bethlehem
eine Sonderrolle. Die Pilger und Touristen böten auch Muslimen ein
Einkommen. Christen würden mit Toleranz und Respekt belohnt.
Im
Gaza-Streifen gelte dies für die etwa 3.000 Christen unter 1,5 Millionen
Muslimen nicht. Schon Schulkinder würden auf den islamischen Kurs
eingeschworen; Mädchen müssten in der Schule islamische Kleidung tragen.
Palästinenserstaat wäre „katastrophal“
Nach Theisens Einschätzung wäre der von den Palästinensern geforderte
eigene Nationalstaat für die Christen „katastrophal“. Die
Machtkonflikte zwischen Säkularisten und Islamisten, die bisher durch
die Teilung von Westjordanland und Gaza eingedämmt würden, würden dann
ungebremst ausgetragen. Die internationalen Hilfen würden zurückgehen,
und der Staat wäre – so Theisen – „mangels jeder Kontrolle noch
korrupter als die Autonomiebehörden“.
Sein Fazit: „Je mehr die
Nationalstaaten im Nahen Osten in inneren Bürgerkriegen zerfallen, desto
vorsichtiger sollten die Palästinenser bezüglich ihres eigenen Staates
sein.“
idea
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