4.2.14

Evangelikale haben es besonders schwer


Christen spielen in der islamischen Welt eine immer geringere Rolle. Das gilt besonders für die Palästinensergebiete. Während sie im Gaza-Streifen starker Islamisierung durch die herrschende radikal-islamische Hamas ausgesetzt sind, leben sie freilich im Raum Bethlehem, dem Geburtsort Jesu Christi, noch in einer „brüchigen“ Koexistenz mit der islamischen Umgebung. 

Das berichtet der Politikwissenschaftler Prof. Heinz Theisen (Köln) in der Zeitschrift „Christ in der Gegenwart“ (Freiburg). Besonders schwer haben es nach seinen Angaben die zahlreicher werdenden Evangelikalen im Heiligen Land. Nicht nur ehemalige Muslime, die den christlichen Glauben angenommen haben, würden mit dem Tode bedroht, sondern auch ihre Missionare. Theisen: „Während die traditionellen Kirchen eine Art Bestandsschutz genießen, können die Evangelikalen darauf nicht vertrauen." Einer ihrer Pastoren im Raum Bethlehem erhalte ständig Morddrohungen. 

Evangelikale haben es besonders schwer
Prof. Heinz Theisen
Der Anteil der Christen unter den Palästinensern ist laut Theisen drastisch gesunken. Um 1900 seien noch etwa 30 Prozent der Palästinenser Christen gewesen. Heute stellten sie nur weniger als 1,4 Prozent der Bevölkerung. Im früher christlich geprägten Bethlehem sei ihr Anteil von 80 Prozent auf 28,2 Prozent gesunken und im gesamten Distrikt einschließlich der Flüchtlingslager auf 12,7 Prozent. 

Diese Zahlen erklärten sich nicht einfach aus der israelischen Besatzung. Vielmehr müsse man sie im Rahmen des Auszugs der Christen aus dem gesamten Nahen Osten sehen.

In Bethlehem spiegele sich die Vielfalt des Christentums. Dazu gehörten orientalisch orthodoxe Kirchen, katholische Kirchen des Ostens sowie evangelische Kirchen und freikirchliche Vereinigungen. Sie lebten trotz einer „oft mangelnden Solidarität“ nebeneinander. 

Auch für das Zusammenleben mit Muslimen gebe es Spielregeln. Dabei spiele Bethlehem eine Sonderrolle. Die Pilger und Touristen böten auch Muslimen ein Einkommen. Christen würden mit Toleranz und Respekt belohnt. Im Gaza-Streifen gelte dies für die etwa 3.000 Christen unter 1,5 Millionen Muslimen nicht. Schon Schulkinder würden auf den islamischen Kurs eingeschworen; Mädchen müssten in der Schule islamische Kleidung tragen.

Nach Theisens Einschätzung wäre der von den Palästinensern geforderte eigene Nationalstaat für die Christen „katastrophal“. Die Machtkonflikte zwischen Säkularisten und Islamisten, die bisher durch die Teilung von Westjordanland und Gaza eingedämmt würden, würden dann ungebremst ausgetragen. Die internationalen Hilfen würden zurückgehen, und der Staat wäre – so Theisen – „mangels jeder Kontrolle noch korrupter als die Autonomiebehörden“. 

Sein Fazit: „Je mehr die Nationalstaaten im Nahen Osten in inneren Bürgerkriegen zerfallen, desto vorsichtiger sollten die Palästinenser bezüglich ihres eigenen Staates sein.“  
 
 idea

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