Israel ist das einzige Land im Nahen Osten, in dem die christliche Gemeinschaft wächst. - (kh.)
Die Zahl der Christen stieg im vergangenen Jahr von 158 000 auf 161 000, so das Büro für Statistik.
Dies macht zwar nur rund zwei Prozent der Bevölkerung aus, aber im Gegensatz zu Nordafrika und dem Nahen Osten insgesamt steigt hier die Zahl der Christen. Von den israelischen Christen sind rund 80 Prozent Araber, die restlichen 20 Prozent sind überwiegend Einwanderer aus der ehemaligen Sowietunion.
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Nazareth |
Die Städte mit den größten christlichen Gemeinden sind Nazareth (22 400), Haifa (14 600) und Jerusalem (11 900).
Laut der Statistik haben Christen mit 2,2 Kindern pro Frau im Durchschnitt weniger Nachwuchs als Juden (3,0) und Moslems (3,6) - im Vergleich dazu liegt die Geburtenrate in Deutschland bei 1,36.
Die christlich arabische Bevölkerung in Israel verzeichnet die besten Abiturergebnisse: 63 Prozent der Christen bestanden die Prüfungen 2010 im Vergleich zu 58 Prozent der jüdischen und 46 Prozent der muslimischen Schulabgänger.
Aus: factum / Ausgabe 1/14 (www.factum-magazin.ch)
Sollen israelische Christen mit arabischer Muttersprache als
eigenständige Minderheit anerkannt werden, getrennt von den Arabern
muslimischen Glaubens?
Um diese Frage wurde im Ausschuss für Arbeit,
Soziales und Gesundheit des israelischen Parlaments heftig gestritten.
Die Debatte wurde durch eine Gesetzesinitiative des Abgeordneten Yariv
Levin (Likud-Partei) ausgelöst.
Nach seinen Vorstellungen haben die
christlichen Araber Anspruch auf eine eigenständige Vertretung in
Gemeinderäten und anderen Gremien. Die muslimischen
Parlamentsabgeordneten reagierten entsetzt und verärgert.
Levin hatte zuvor in einem Interview erläutert, seine Gesetzesinitative
sei sinnvoll, „weil wir (Juden) viele Gemeinsamkeiten mit den Christen
haben. Das sind unsere natürlichen Verbündeten, und sie sind ein
Gegengewicht zu den Muslimen, die unser Land von innen heraus zerstören
wollen.“
Die arabischen Knesset-Abgeordneten waren aufgebracht. „Levin will die
arabische Öffentlichkeit auseinanderdividieren, die ohnehin schon
unterdrückt wird.
Wir sind doch nicht seine Sklaven“, rief der
Abgeordnete Jamal Zahalka (arabische Balad-Partei).
Seine
Parteifreundin Hanin Zoabi (Foto) meinte, das Gesetz führe zu einer
wachsenden Feindlichkeit der Araber gegenüber Israel.
Der Ausschuss hörte auch den nordisraelischen Christen Shadi Halul an.
Er setzt sich dafür ein, dass junge Christen mit arabischer
Muttersprache in der Armee dienen. Dabei verweist er auf ihr aramäisches
Erbe, das viel bedeutender sei als eine aufgezwungene arabische
Identität. „Ich bin stolz, ein Christ zu sein“, unterstrich Halul, „wir
haben das Recht auf Selbstbestimmung.“ Halul zeigte auf die muslimischen
Abgeordneten und riet dem Ausschuss: „Hören Sie nicht auf diese
Rassisten!“
Hanin Zoabi beschimpfte Halul daraufhin als Feigling. Er solle diese
Botschaft auf den Straßen von Nazareth verkünden, dort würde er von den
örtlichen Muslimen und Christen mit anderer Auffassung „die passende
Antwort erhalten.“ Die kaum verhüllte Drohung führte zum Rauswurf Zoabis
aus der Anhörung.
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Israelische Knesset |
Tatsächlich haben Halul und seine Freunde keine Scheu, in den
christlichen Dörfern für Loyalität zum israelischen Staat zu werben. Sie
werden seither von Muslimen bedroht. Doch immer mehr junge Leute hören
auf ihre Botschaft und verabschieden sich von dem Hass, der ihnen durch
ihre angebliche „arabische Identität“ vermittelt wurde.
israelheute
Christen spielen in der islamischen Welt eine immer geringere
Rolle. Das gilt besonders für die Palästinensergebiete. Während sie im
Gaza-Streifen starker Islamisierung durch die herrschende
radikal-islamische Hamas ausgesetzt sind, leben sie freilich im Raum
Bethlehem, dem Geburtsort Jesu Christi, noch in einer „brüchigen“
Koexistenz mit der islamischen Umgebung.
Das berichtet der
Politikwissenschaftler Prof. Heinz Theisen (Köln) in der Zeitschrift
„Christ in der Gegenwart“ (Freiburg). Besonders schwer haben es nach
seinen Angaben die zahlreicher werdenden Evangelikalen im Heiligen Land.
Nicht nur ehemalige Muslime, die den christlichen Glauben angenommen
haben, würden mit dem Tode bedroht, sondern auch ihre Missionare.
Theisen: „Während die traditionellen Kirchen eine Art Bestandsschutz
genießen, können die Evangelikalen darauf nicht vertrauen." Einer ihrer
Pastoren im Raum Bethlehem erhalte ständig Morddrohungen.
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Prof. Heinz Theisen |
Der Anteil der Christen unter den Palästinensern ist laut Theisen
drastisch gesunken. Um 1900 seien noch etwa 30 Prozent der Palästinenser
Christen gewesen. Heute stellten sie nur weniger als 1,4 Prozent der
Bevölkerung. Im früher christlich geprägten Bethlehem sei ihr Anteil von
80 Prozent auf 28,2 Prozent gesunken und im gesamten Distrikt
einschließlich der Flüchtlingslager auf 12,7 Prozent.
Diese Zahlen
erklärten sich nicht einfach aus der israelischen Besatzung. Vielmehr
müsse man sie im Rahmen des Auszugs der Christen aus dem gesamten Nahen
Osten sehen.
In Bethlehem spiegele sich die Vielfalt des Christentums. Dazu gehörten
orientalisch orthodoxe Kirchen, katholische Kirchen des Ostens sowie
evangelische Kirchen und freikirchliche Vereinigungen. Sie lebten trotz
einer „oft mangelnden Solidarität“ nebeneinander.
Auch für das
Zusammenleben mit Muslimen gebe es Spielregeln. Dabei spiele Bethlehem
eine Sonderrolle. Die Pilger und Touristen böten auch Muslimen ein
Einkommen. Christen würden mit Toleranz und Respekt belohnt. Im
Gaza-Streifen gelte dies für die etwa 3.000 Christen unter 1,5 Millionen
Muslimen nicht. Schon Schulkinder würden auf den islamischen Kurs
eingeschworen; Mädchen müssten in der Schule islamische Kleidung tragen.
Nach Theisens Einschätzung wäre der von den Palästinensern geforderte
eigene Nationalstaat für die Christen „katastrophal“. Die Machtkonflikte
zwischen Säkularisten und Islamisten, die bisher durch die Teilung von
Westjordanland und Gaza eingedämmt würden, würden dann ungebremst
ausgetragen. Die internationalen Hilfen würden zurückgehen, und der
Staat wäre – so Theisen – „mangels jeder Kontrolle noch korrupter als
die Autonomiebehörden“.
Sein Fazit: „Je mehr die Nationalstaaten im
Nahen Osten in inneren Bürgerkriegen zerfallen, desto vorsichtiger
sollten die Palästinenser bezüglich ihres eigenen Staates sein.“
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