30.7.10

Wenn sie es wieder verpassen

Von denen, „die die Aufnahme direkter Gespräche systematisch hintertreiben – sowohl auf palästinensischer Seite als auch Elemente im In- und Ausland, die nicht begeistert sind…“, sprach Bibi [Netanyahu] diese Woche vor dem Außen- und sicherheitspolitischen Ausschuss der Knesset. Er lieferte keine Details und nannte auch keine Namen. Aber er fesselte sich selbst an ein Ultimatum, als er bekanntgab, das Siedlungsbaumoratorium werde wie festgelegt enden, nach zehn Monaten und „nicht einen Tag später“.
Und siehe da, der zehnte Monat kommt immer näher, und die Palästinenser sind noch immer nicht bereit für den Eintritt in direkte Verhandlungen mit Israel. Und das trotz des Drucks, den US-Präsident Obama und die Europäische Union auf die Führung der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) ausüben, und des Tickens der Uhr in Israel. Was haben sie davon, die zehn Monate des Moratoriums verstreichen zu lassen? Warten sie auf die Wiederaufnahme des Terrors? Oder versuchen sie schlicht auf Zeit zu spielen, oder handelt es sich hier um die Unfähigkeit Abu Mazens, seine Füße ins kalte Wasser des Friedens zu stecken (so eine hübsche Formulierung Moshe Dayans)?


Die Siedlungsbaumoratorium-Bedingungen der PA erinnern an die Zeit, da Israel die Verhandlungen mit den Palästinensern an die Bedingung „zuerst den Terror stoppen“ knüpfte, aus der Annahme heraus, dies würde ohnehin nicht geschehen. Mit der Zeit hörte der Terror auf, aber der Frieden brach nicht aus.

Diese Woche war Jibril Rajoub, früher Chef der PA-Sicherheitskräfte und heute ein vertrauter Abu Mazens, im Council for Peace and Security zu Gast, wo er an einer Diskussion darüber teilnahm, was zwischen beiden Völkern passiert und nicht passiert. Er sprach fließend Hebräisch, und eine einer der Teilnehmer lobte ihn für seine Sprachbeherrschung. Die Antwort war: „Ich wünsche Ihnen nicht, an der Universität zu studieren, an der ich mein Hebräisch gelernt habe“ (er saß 17 Jahre in einem unserer Gefängnisse).

General d. Res. Mendi Meron fragte ihn: „Warum zögert ihr, in direkte Gespräche mit uns einzutreten? Noch ein Haus, noch hundert Häuser, was bedeutet das schon, wenn wir Endstatusverhandlungen im großen Stil führen, die Gebietsaustausche beinhalten?“ Rajoub vermied es auf die Frage zu antworten, und sei auch nur indirekt. Er betonte abermals, dass er für das Abhalten direkter Gespräche sei, aber eine überzeugende Erklärung, warum die PA das Moratorium nicht zur Aufnahme direkter Verhandlungen nutzt, lieferte er nicht. So wird sich auch nach dem Ende des Moratoriums die Frage stellen: Was bedeutet schon ein Haus mehr oder weniger, wenn die Frage eines Gebietsaustauschs auf dem Tisch ist?

Einige der bei dem Gespräch Anwesenden hatten den Eindruck, dass es wahrscheinlich Opposition von innen gebe oder die PA nicht daran glaube, dass die Regierung Netanyahu wirklich bereit ist, zu einem Abkommen zu gelangen, während das internationale Klima die Palästinenser begünstigt. Kann es sein, dass es die in Gaza herrschende Hamas ist, die Druck auf die PA ausübt, keine direkten Gespräche zu beginnen? Rajoubs Antwort: Gaza gehört den Palästinensern; das ist unser Problem, und wir müssen selbst von innen heraus damit fertig werden. Parallel dazu empfiehlt er uns, keine Verhandlungen über die Flüchtlingsfrage zu beginnen. Damit warte man bis zum Schluss, das sei eine internationale Angelegenheit.

Der Gedanke, warum es eigentlich nicht möglich sein sollte, während der Zeit des Moratoriums direkte Gespräche zu führen, ging sicherlich mehr als einem der Teilnehmer an dem Treffen mit Rajoub durch den Kopf. Versteht denn die PA-Führung nicht, dass die radikale Rechte in Israel nur allzu glücklich sein wird, den Slogan, es gebe keinen Gesprächspartner, zu hören und zu Gehör zu bringen und ihn als Waffe gegen eine Verlängerung des Moratoriums zu benutzen? Da jedes zukünftige Abkommen ohnehin mit Änderungen der Grenzen von 1967 verbunden sein wird, fragt sich, was das Ultimatum Abu Mazens aus einem Interview mit der Irish Times von dieser Woche soll, in dem er sagte, trotz des internationalen Drucks beabsichtige er nicht, in direkte Gespräche einzutreten, bevor Netanyahu im voraus dem Prinzip eines palästinensischen Staaten auf Grundlage der Grenzen von 1967 zustimmt?

Vielleicht schiebt Abu Mazen die direkten Gespräche auf, weil er Netanyahu nicht wirklich vertraut. Er möchte auch warten, um zu sehen, ob es in der Macht von Präsident Obama steht, Netanyahu dazu zu drängen, sich noch vor Ende des Moratoriums zu Zugeständnissen zu verpflichten. Eine Art Verhandlungen de Luxe, bei denen die US-Administration den Palästinenser Antworten auf all ihre Forderungen auf einem silbernen Tablett präsentiert.

So wie es derzeit aussieht, wird Bibi das Moratorium noch nicht einmal als „vertrauensbildende Maßnahme“ verlängern können, ohne dass es zu einem Aufstand von Seiten der extremen Rechten und eines Teils des Likud kommt. Und vielleicht ist es das, was die Palästinenser erwarten – dass sich die US-Regierung und die Europäische Union zusammenschließen, um Israel ein Abkommen aufzuzwingen.

Angesichts dessen, was auf der Welt und vor allem in unserer Region wegen der iranischen Bedrohung vor sich geht, ist zweifelhaft, ob Präsident Obama sich so gegen Israel aussprechen wird, wie es die PA-Führung sich erhofft. Es wäre armselig, wenn die Palästinenser, die keine Gelegenheit verpasst haben eine Gelegenheit zu verpassen, ihre Lektion nicht lernen und auch diese verpassen würden.

von Yoel Marcus

Der Berliton
Ha-aretz.com

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