17.2.12

Der Konflikt um Orthodoxe

In Israel ist ein Konflikt, der lange unter der Oberfläche schwelte, offen ausgebrochen. Der Berichterstattung darüber mangelt es zum Teil sehr an Differenzierung.      (Teil 2)

Der "Spiegel" geht von zehn Prozent Orthodoxen in Israel aus. Aber selbst bei einem Anteil von 30 Prozent Orthodoxen, mit dem der "Spiegel" in 50 Jahren rechnet, wären die Orthodoxen noch immer eine Minderheit. Das Magazin schreibt, Israel ähnele in vielem "mehr Iran als Europa". Diese Bewertung ist abwegig. Damit macht er aus einem Phantom eine Wirklichkeit.

Auf elementare Fakten in dieser Debatte weist der Nahost-Korrespondent Johannes Gerloff hin. Er schreibt über die israelische Realität: "Für den Fall, dass dies nicht klar sein sollte, sei betont: In Israel wird niemand hingerichtet, weil er die Ehe gebrochen, eine Demonstration gefilmt oder einen wie auch immer gearteten ideellen 'Krieg gegen Gott' initiiert hat - alles Gründe, um im Iran zum Tode verurteilt zu werden. Wir haben hier in Israel eine größere Freiheit zur Äußerung unserer Meinung als in Deutschland. Auch gibt es in Israel keine Gesetzgebung, die jemanden - vergleichbar mit den Nürnberger Gesetzen von 1935 - aufgrund seiner Abstammung oder rassischen Zugehörigkeit diskriminieren würde.

Die Vergleiche des modernen jüdischen Staates Israel mit dem nationalsozialistischen Deutschland, Mullahregime in Teheran oder dem Apartheidsystem Südafrikas sind falsch, unwahr und - falls wider besseres Wissen und mit propagandistischer Absicht verbreitet - gelogen!

Dass diese und viele andere Unwahrheiten auch von Menschen jüdischen Glaubens oder jüdischer Abstammung verbreitet werden, macht sie noch lange nicht wahr. Vielmehr belegen diese schamlos übertriebenen Aussagen von Juden über ihre eigene Gesellschaft und ihren eigenen Staat, dass uns keine Wahl bleibt, als den alten Ratschlag des Juden Saul aus Tarsus zu beherzigen: < Prüft aber alles und das Gute behaltet. > (1. Thessalonicher 5,21)"

Dazu gehört auch zu bedenken, dass es keine Bibel gäbe, wenn nicht ernsthaft gläubige Juden das Wort Gottes auf das Genaueste gehütet, bewahrt und getreulich abgeschrieben hätten. Rabbiner Yehuda Teichtal, der das jüdische Bildungszentrum Berlin leitet, hat unlängst geschrieben: < Wenn Moses heute in eine Synagoge kommen und aus unserer Thora lesen würde, so könnte er feststellen, dass diese Buchstabe für Buchstabe, Wort für Wort, Abstand für Abstand genauso ist, wie die, die er vor 3284 Jahren geschrieben hat. >
Gerade aus einer christlichen Perspektive gehört auch dieser Aspekt zu einer fairen Bewertung orthodoxer Lebenswirklichkeit.
Aus: "Factum" Magazin, Ausg. 1/12, Autoren: TL u. JG

11.2.12

Der Konflikt um Orthodoxe

In Israel ist ein Konflikt, der lange unter der Oberfläche schwelte, offen ausgebrochen. Der Berichterstattung darüber mangelt es zum Teil sehr an Differenzierung.        (Teil 1)

Manche Ultraorthodoxe lehnen den Staat Israel ab, weil er nicht vom Messias, sondern von Menschen ausgerufen wurde. Sie hätten es gerne, dass Frauen und Männer in Bussen getrennt sitzen und wollen, dass auf Werbeplakaten keine Frauen mehr zu sehen sind. Sie wollen der Mehrheit vorschreiben, wie sie zu leben hat und konnten einige Erfolge erzielen. Der Mehrheitsgesellschaft ist der Konflikt bewusst geworden, sie setzt sich jetzt gegen die ultraorthodoxe Anmaßung zur Wehr. Es fanden große Demonstrationen und verschiedene Protestaktionen statt.
Es sind nicht alle Orthodoxen so gestrickt, wie die Eiferer. Viele Orthodoxe distanzieren sich von den Radikalen, einige kamen sogar zu den Demonstrationen. Viele Orthodoxe sind gelehrsame Gläubige, friedliebend und weltoffen, ebenso dem Wort verbunden, wie dem Nächsten zugewandt. Das Bild, das die Presse jetzt vom orthodoxen Judentum zeichnet, hat mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun.
Medien funktionieren nach dem Schwarmprinzip. Wer als erster eine Story hat, von der man annehmen darf, dass sie Auflage und Quote nach oben treibt, löst damit eine Schwarmbildung aus: Flugs schwimmen alle Seit an Seit beschleunigt in dieselbe Richtung. Solange, bis woanders neue Beute gewittert wird.

Auch der "Spiegel" berichtete getreu dem Motto: "Die größte Übertreibung ist der dickste Köder" über das Geschehen. Das Land zwischen Hightech und Tugendwahn sei auf dem Weg der Talibanisierung. Bald werde der Sittlichkeitsterror die Oberhand behalten. Als Beleg präsentierte die Autorin eine rechte Schauergeschichte von zwei total verhüllten Frauen. Als Beweisfoto dienen zwei Kleiderberge, unter denen sich Frauen verbergen.
Berichtet wird von einer besonderen Gestrengen, die 27 (!) Lagen Stoff übereinander trage, um sicherzustellen, dass die Sittlichkeit gewahrt bleibe. Sogar die Wände der Dusche habe diese Frau verhüllt, sie wolle ihr Ehrgefühl auch nicht von den Wänden verletzen lassen. Sie halte es auch für sittlicher, nicht mehr zu sprechen, Schrift und Gesten genügen ihr. Dass sie als Kind missbraucht wurde und vier Jahre im Gefängniss saß, erfährt der Leser am Rande. Solch extreme Einzelfälle sind kaum eine Gefahr für ein freies Israel und sagen mehr über die Psyche der betreffenden Frau aus, als über die Realität des Landes. 
Der "Spiegel" rechnet anhand der Geburtenrate der Frommen vor, wie lange es wohl dauert, bis alle Frauen in Israel so rumlaufen müssen, wie es die erwähnte Frau innerhalb ihrer vier Wände für richtig hält. Diese Gefahr existiert nicht. Keine relevante Gruppe im Judentum erhebt diese Forderung.

Aus: "Factum" Magazin, Ausg. 1/12, Autoren: TL u. JG